Archiv des Autors: Andreas Kloos

Zen

24.06. 2013

Zwei schöne Tagen mit den Neffen! Großer Spaß an wackeligen Ruderbooten, sprechenden Papageien und tütenweise Speiseeis. Das LEGO-Familienerbe wird ausgeschüttet und eine Ritterburg gebaut. Stunden später: Trick & Track haben sich längst anderen Projekten zugewandt, doch ich sitze immer noch wie hypnotisiert an der Baustelle mit den bunten Steinen und vergesse Raum und Zeit. Wunderbar!

Trude´s Eissalon (Nachbarschaft 9)

19.06. 2013

Fürst Pückler forever! Schokolade, Erdbeere, Vanille. Im Becher. Mit Sahne: Bei Trude ums Eck seit 1978 die meistverkaufte Eiskreation. Exotischer Ausreißer für fernwehkranke Rentner: „Raffaello“! Und für Kinder „Schlumpfeis“ (blau). Trude´s Eissalon ist ein Deutsches Eiscafé und versprüht so viel italienisches Lebensgefühl wie das Wirtshaus im Spessart. Dafür eröffnet die Chefin die Saison todesmutig im März und serviert neben der bodenständigen Eis-Auswahl selbstgebackene Tortenklassiker. Schwarzwäldersahne, Buttercremesahne, Käsesahne. Mit Sahne. Trude selbst ist selten anwesend und überlässt den Service blutjungen, ungelernten Sexbomben aus der Nachbarschaft. Die Mädchen hantieren zwar ungeschickt mit dem Eisportionierer, schaffen aber einen optischen Ausgleich zur Laden-Deko (Laurel & Hardy aus Salzteig, Eiffelturm aus Wurst). Coppa Fantasia? Gelato Speziale? Nein: Ein Riesenspezi!

Trude

Rio

16.06. 2013

Zeit für Gedankenspiele und Zukunftsvisionen. Zeit für ein Song von Herrn Reiser:

Du sagst, du willst die Welt nicht ändern, und ich frag mich, wie machst Du das nur?
Du bist doch kein Geist in der Flasche und du bist auch kein Loch in der Natur.
Denn nach jedem Schritt, den du gehst und nach jedem Wort, das du sagst,
Und nach jedem Bissen, den du ißt, ist die Welt anders als sie vorher war.
Wann, wenn nicht jetzt? Wo, wenn nicht hier?
Wie, wenn ohne Liebe? Wer, wenn nicht wir?

SOS

Bitte werfen Sie eine Münze ein!

Happy-Go-Lucky

13.06. 2013

M. hat recht: Das klingt hier zurzeit insgesamt tendenziell pessimistisch. Dabei passiert doch auch viel Schönes, gerade im Detail: So waren gestern die Fahrgäste des Wagens 4529 der Linie 1 von den Landungsbrücken bis zur Reeperbahn für drei Minuten kollektiv hingerissen: Ein Schweizer Rentnerpaar hatte einen riesigen, schielenden Bernhardiner im Schlepp!

Circle of Pain

12.06. 2013

Das Leergut unter der Spüle bildet buddhistische Zirkel und bittet um Überwindung des Leidens durch Recycling. Ich gebe nach, packe die müffelnde Bande in eine Plastiktüte und schleppe mich voll dunkler Ahnungen schicksalsergeben zum Container. Denn genau hier passiert, was immer passiert und in meinem Leben nicht mehr zu ändern sein wird: Die Bier- und Gurkenglas-Stumpen sind ausgelaufen und schlagen sich im innern der Tüte als klebrig-essigsaurer Film nieder. Mit spitzen Fingern versuche ich, die Brüder herauszufischen ohne mit der ekligen Suppe in Berührung zu kommen. Keine Chance. Dann stehe ich mit verseuchten Händen da und weiß nicht wohin mit der schlimmen Tüte. Es gibt beim Glascontainer keinen Abfallbehälter. Niemals, nirgends. Erlösung? Nicht in diesem Leben.

Pilze

08.06. 2013

Ein schöner Tag am Meer mit MB und SL. Am richtigen Ort mit den richtigen Leuten – und schon läuft alles. Es ist wie mit den Pilzen: Die bitteren und giftigen sollte man stehen lassen und weitergehen. Dann gibt´s auch keine Bauchschmerzen.

Schrulle (Nachbarschaft 8)

04.06. 2013

Knuth

Sommerfeeling, endlich. Draussen knallt die Sonne, die ausgeblichenen Ottensener kloppen sich vor dem „Knuth“ um die Sitzplätze und geben sie, einmal in Beschlag genommen erst wieder her, wenn der Nacken ver- und die Kellnerin ausgebrannt ist: 200 lm/h. Zweihundert Latte Macchiato pro Stunde müssen mindestens serviert werden! Dazu noch Schorlen, Salat und Sonderwünsche (1x Milchschaum mit blauem Schirmchen für Luca-Maurice). Ein Höllenjob. Alle Rednecks dicht gedrängt draussen. Ich: Einsam ausufernd drinnen. Bleich, aber glücklich. Das ist mein Sommerfeeling! Im stillen Dunkel sitzen und ins heiter Helle blinzeln, wunderbar! Steigerung? Bei schönstem Hochsommer drei Wochen im schummrigen Wohnzimmer hocken, Filterkaffee trinken und die Radprofis in Frankreich anfeuern. Sommerfeeling, total.

100 Punkte.

03.06. 2013

Stücktitel des Jahres: „Was nützt mir mein Abitur, wenn ich scheiße ausseh“. Ein Rechercheprojekt über Schönheit („Wirkung ist alles, Wissen nichts“), geleitet von meiner ehemaligen Regieassistentin Saskia Kaufmann. Leider konnte ich mir den Abend nicht anschauen, aber den Titel muss ich mit Goldfarbe an Wände pinseln. Wem so was einfällt, kommt noch mal groß raus. Garantiert.

Murgut (Nachbarschaft 7)

01.06. 2013

Coffin togo. Der neue Topseller in Murguts Gemüse- und Lebensmittel-Laden am Eck! 
Vor Jahren betrieb Murgut noch eine Spezialitätentheke mit Schafskäse, Brot und Oliven. 
Heute wird diese Verkaufsfläche für ein immer breiter werdendes Angebot an Gummischuhen, Heizdecken, Radioweckern und anderen Hotdeals benötigt. Ich habe die Sortimentsumstellung nie begriffen, aber Murgut wird seine betriebswirtschaftlichen Gründe haben. An der Kasse sitzt Murguts ewig wortkarge Tochter/Nichte/Tante/Frau. Auch die Verwandtschafts- bzw. Angestelltenverhältnisse der übrigen Belegschaft bleiben Gegenstand jahrelanger Rätselspiele meiner überreizten Phantasie. Murgut selbst ist ein Phantom! Ich vermute, er schläft tagsüber im firmeneigenen Kleinlaster mit den abgedunkelten Scheiben und kommt nur nachts raus (Coffin togo). Dann macht er schräge Bestellungen und singt die traurigen Lieder seiner mir unbekannten Heimat: Die geheimnisvolle Herkunft der Crew werde ich nie erfahren, denn tagsüber herrscht im Laden das Gesetz eisernen Schweigens. Kundengespräche? Schwätzchen? Fehlanzeige. Wenige Laute und Gesten genügen und schon wechseln Münzgeld und Mischgemüse stumm ihre Besitzer. Achtung! Achtung! Das Obst in der Auslage vor dem Geschäft muss wegen bitterer Nikotinablagerungen nach dem Kauf besonders gründlich gewaschen werden, schmeckt dann aber tipitopi. Für die Ablagerungen zuständig ist eine wechselnde Schicht kettenrauchender Rentner, die (von Murgut geduldet) zwischen dem Obst an einem Stehtisch Bierchen trinken. Oder neuerdings auch mal Kaffee!