Archiv des Autors: Andreas Kloos

Intermediate.

27.12. 2013

05.55 Uhr, der ansonsten immer überfüllte Zug ist menschenleer, die Bahnhofsuhr am Hauptbahnhof geht eine Stunde vor und die Brezeln sind jetzt schon altbacken. Alles schläft, hinkt und hängt noch am alten Jahr.

Erwartungen.

23.12. 2013

Ewig offene Wunde Weihnachten. Es wird nie wieder so, wie es mit 5 war. Für Erwachsene gilt: Wer weniger (Geld, Energie, Dekoration) reinsteckt, kriegt mehr raus. Vielleicht ein paar ruhige Stunden mit den Lieben. Vielleicht ein Waldspaziergang. Vielleicht ein Karpfen in Lebkuchen.

Drei Freunde müsst ihr sein.

17.12. 2013

Wegen derzeitigem Krankenstand und anderen Hindernissen lassen sich die Proben aktuell nur mit einem Training für ein Match gegen eine gutaufgestellte Nationalelf vergleichen. Mein Team bekommt aber keine Fußballschuhe und spielt nur mit drei Mann. Trainieren müssen wir nachts ohne Flutlicht, nackt, auf löchrigem Asphalt und ohne Ball und Tore. Das Spiel gewinnen wir am Ende natürlich trotzdem: Wir sind einfach gut – und Training ist nur was für Feiglinge!

Reise nach Jerusalem.

13.12. 2013

„Ich kann das doch nicht alles alleine aufessen.“ Wer jetzt keine gute Ausrede parat hat, zieht den dicken schwarzen Peter und muss Plätzchen in Tupper mit Nachhause nehmen. Spätestens ab Dezember steckt das Land kreativ im Teig, doch selber knabbern will die industriezuckerlastigen Massen am Ende keiner.

Dieses Licht.

09.12. 2013

05:13 Uhr: S-Bahnhof Bahrenfeld. Ein Mann (gutaussehend). Sein Reisekoffer. Seine Tasche. Röntgenblick in die Tasche: Ein Laptop (ohne Backup), Schlüsselbunde für zwei Wohnungen, ein Geldbeutel mit diversen Kredit- und EC-Karten, dreihundert Euro in bar, zwei Regiebücher, eine Liste mit Bank-PIN-Nummern, eine Lesebrille, zwei Romane, ein Führerschein, Ausweispapiere, zwei Zugtickets, ein Smartphone, ein belegtes Brötchen, ein halbes Leben.

05:16 Uhr: Die S-Bahn kommt, der Mann steigt ein. Den Koffer nimmt er mit. Die Tasche mit dem belegten Brötchen, dem halben Leben und dem Rest lässt er am Bahnsteig im Regen stehen. Der Zug fährt ab.

05:26 Uhr (und vier Haltestellen später): Der Blitz der Erkenntnis schlägt grausam ein, der Mann verliert schlagartig fünfhundert Haare, klammert sich an einen Strohhalm und nimmt, gurgelnde Laute ausstossend und am ganzen Körper konvulsivisch zuckend, fünf bittere Minuten später die nächste S-Bahn zurück. Die Mitreisenden starren ihn aus müden Augen unverhohlen an.

05:38 Uhr: Noch eine Haltestelle. Die Zeit vergeht unfassbar langsam. Der Mann hat sich dem Schicksal eigentlich schon ergeben und sämtliche Nägel bis auf die Knochen abgenagt. Die restlichen Haare sind ergraut.

05:41 Uhr: Ankunft S-Bahnhof Bahrenfeld. Menschenmassen am Gleis. Dazwischen, mitten im Gewusel, halb angelehnt an einen Abfallkorb, grell in helles Licht getaucht und zwei Zentimeter über dem Asphalt frei schwebend: Eine Umhängetasche. Röntgenblick in die Tasche: Nichts fehlt.

Besinnungslos.

07.12. 2013

Mittelalter-Weihnachtsmärkte mit lustigen Gauklern („Holla Junker! Ein Becherlein vom feinen Met kostet Euch nur einen Falt-Taler mit Pfand“) machen alles noch schlimmer, setzen dem Wahnsinn die blinkende Zipfelmütze auf und bringen das kollektiv vermisste Weihnachtsgefühl erst recht nicht zurück. Wer ohne Glühfuchs partout nicht in Stimmung kommen kann, besinnt und betrinkt sich am festlichsten aus einer Thermoskanne zu selbstgeflöteten Advent-Evergreens unter der Tanne im Garten.

Nachhall.

06.12. 2013

K. berichtet von einem Mann, der gestern in der Fußgängerzone stand und „Tausche Verstand gegen Gefühl!“ rief. Was für ein Satz. Was für ein Notstand.

Zweiten Grades.

03.12. 2013

Manche verbrennen am ersten Advent eine Kerze – andere ihre Finger: Kochtopf-Deckel anheben, Wasserdampf, Tatütata, Notaufnahme. Aua aua. Der eigene Schmerz ist immer der Größte! Auch wenn (während ich in der Ambulanz mit den Pfoten im Eiswasser auf die Wirkung des Schmerzmittels warte) im Nebenzimmer blutüberströmte Holzhacker verarztet werden und der mich behandelte Chirurg wenig Geduld mit mir und meiner Hello-Kitty-Verletzung hat. Mitleid, Entsetzen, Hektik und Vollnarkose gibt es erst bei abgetrennten Gliedmaßen.

Adventskalender.

01.12. 2013

Quietsch. Das erste Türchen geht auf und heraus kommt das lustige Trendsetter Hirschgeweih für € 2,99. Flugs auf die flache Stirn getackert und auf geht’s zum Indoor-Hüttengaudi-Weihnachtsmarkt bei Media Markt: Da gibt es heute Mario Barth live, Weihnachtsmannboxenluder in Strapsen, Capri Sonne Adventspunsch mit Schuss und „Blutiger Advent 2“ auf DVD und Blue Ray im Sonderangebot.

Geweihnachten